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Pralinenkönigin - Schokolade zum Frühstück?

Letzte Änderung 21. März 2015

Pralinenkönigin


Neues Label für Mode und Geschmack / Lea Stefen aus Bretten-Ruit wird erste Pralinenkönigin.

Bretten.
Wie hat man sich eine Pralinenkönigin vorzustellen? Mit einem Zepter aus Schokolade, Haut aus Marzipan, gezuckerten Wangen und einem Hang zur Völlerei? – Der Märchenpilger staunt nicht schlecht, als er sich Freitagabend im Alten Rathaus einfindet: Am Kopfende des Bürgersaal hängt über einem Thron eine weiße Schärpe. Daneben: Ein Krönchen auf rotem Samt. Überall glänzt es in cremefarbenen Tönen. Natürlich dürfen zu einer Audienz auch keine geladenen Gäste fehlen: Alle in dunkler Abendgarderobe, denn „Schwarz isch busy“, wie jemand im Vorbeilaufen bemerkt.

„Tatsächlich gibt es zahlreiche Wein-, Erdbeer- oder Spargelköniginnen, aber noch keine Pralinenkönigin!“, verkünden die beiden Veranstalterinnen stolz – Claudia Fürsicht-Gerst, Inhaberin der Brettener Pralinenmanufaktur Pralinée, und Gina Riehl aus Pforzheim-Birkenfeld, Besitzerin des Modeatelier Gina Riehl. Beide sehen die Wahl zur ersten Pralinenkönigin als Symbiose zwischen Mode und Genuss – den krönenden Höhepunkt eines innovativen Marketingkonzeptes. Mit dem Event möchten sie ein neues Label für die Genießer-Region Baden etablieren. „Die Pralinenkönigin soll unsere Unternehmen repräsentiert, Produkte vermitteln und dabei noch gut aussehen.“

Bislang gibt es in ganz Deutschland keine vergleichbare Süßwaren-Eminenz. „Man muss auch mal der erste sein“, so ein Mitarbeiter von Pralinée. Dabei ist die Idee erst im vergangenen November entstanden. Unternehmensberaterin Susanne Ludwig hatte sich von Fürsicht-Gerst und Riehl anstecken lassen und „sogleich die Website ‚pralinenkönigin.de‘ gesichert“. Bis Februar wurden 25 Onlinebewerberinnen auf sechs dezimiert und zur Wahl einberufen – Königinnen werden heutzutage nämlich gecastet. Voraussetzung für die jungen Damen: „Liebe zur Schokolade“, so Fürsicht-Gerst „und Mode“, fügt Riehl hinzu. Alle weiteren Suchkriterien sind online nachzulesen: Alter zwischen 18 und 25, gepflegtes Äußeres, redegewandt – und Konfektionsgröße 36 bis 42.

Die Sechs Anwärterinnen aus Pforzheim, Tiefenbronn, Birkenfeld, Knittlingen, Karlsruhe und Bretten wurden in den vergangen Wochen im höfischen Umgang unterwiesen: Lauftraining, Hairstyling, Rhetorik- und Kommunikations-Schulung. Ergebnis dieser Arbeit präsentieren sie auf dem Catwalk. Sobald die Popmusik einsetzt, schnell raus aus dem Kämmerchen, Turnaround im Bürgersaal und abschließend einige Worte zur eigenen Person: „Ich backe gerne“, „turne“, „tanze Flamenco“ oder „beschäftige mich mit Stressbewältigung, was mir gerade zu Gute kommt.“

Das sonstige Programm wird mit Schlemmereien, Wartereien und Klatschereinen ausgeschmückt. Die Creamtones sorgen für die musikalische Umrahmung. Schließlich zieht sich die Jury zurück. Unter ihnen befinden sich die beiden Veranstalterinnen und weitere Sponsoren. Auch über 600 Onlinestimmen fließen in die Auswertung mit hinein – bis es endlich zum Ergebnis kommt: Publikumsliebling ist laut ‚Klatsch-O-Mat‘ Vanessa Ries. Die erste Pralinenkönigin wird Lea Stefen aus Bretten-Ruit. Als Preis überreicht ihr Riehl ein maßgeschneidertes Kleid – „eine Robe, die einmalig ist.“
Den größten Teil der Veranstaltung nimmt jedoch die Vorstellungen der einzelnen Unternehmen ein: Medienagenturen, Lokalmusiker, Kanzleien, Stickereien, Autohäuser, Friseur-Salons, Fotographen und viele andere. Sie alle hissen Flagge unter ihrer neuen Königin – verdeutlichen, dass dieser Abend der Visitenkarte gehört.

Viel Hoffnung steckt in dem neuen Marketingkonzept: Ab Herbst beginnt die Onlinebewerbungen für die Kandidatur 2016 – wieder in Bretten und wieder zur ersten Frühlingswoche. Riehl und Fürsicht-Gerst rechnen mit weiterem Zulauf. Doch bis dahin gibt es für die amtierende Königin Lea Stefen allerhand zu tun: Als Glücksfee auf dem Knittlinger Ostermarkt oder am 17. April zur Modeschau im Autozentrum Walter in Pforzheim. „Außerdem wartet ein Pralinen- und Nähkurs auf sie.“
Und die glückliche Gewinnerin? Die strahlt zu Recht bis über beide Ohren. Das lange Ausharren im Nebenzimmer war nicht langweilig: „Im Gegenteil: Mittlerweile verstehen wir Mädels uns richtig dicke. Wir haben schon überlegt, wie wir den Abend feierlich ausklingen lassen.“ Fassen wir also zusammen: Eine richtige Pralinenkönigin ist weder Zuckerpüppchen noch Firmenmaskottchen. Sie genießt die kleinen Dinge im Leben, ist elegant gekleidet, hat Ausstrahlung – und nutzt den angebotenen Chauffeur-Dienst auch mal für einen Abstecher in die Disko, für sich und ihre neuen Freundinnen.

Philipp Neuweiler

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