Samtpfoten streichen über die Holztür. Schlagartig stellen sich bei mir sämtliche Nackenhaare – ich sitze kerzengerade im Bett. Ein kurzes Fluchen, dann öffne ich gehorsam die Schlafzimmertür, trotte im Halbschlaf zum Flur und entlasse das murrende Katzenvieh in die Nacht. 5 Uhr leuchtet die Anzeige meines Weckers …
Mittlerweile habe ich alles versucht. Das Biest ist mir immer einen Schritt voraus. Wenn ich die Schlafzimmertür offenlasse, hoppelt der Stubentiger ins Treppenhaus. Dort hängt – vom Geländer zu erreichen – ein Windspiel. Katzen sind geschickt, wenn sie’s drauf anlegen. Und mitten in der Nacht das gesamte Haus wachzutrommeln bereitet ihnen sichtliches Vergnügen. Alternativ macht sie ihrem Zorn Luft, indem sie unseren Hund attackiert. Der blickt dann immer nur müde auf, woraufhin Klein-Godzilla anfängt zu Miauen – und nicht wieder aufhört. Last but not least gibt es die Ignorierungs-Taktik: Schlafzimmertür verriegeln und alles gekonnt überhören. Bisher habe ich es nie länger als fünf Minuten ausgehalten. Dann wetzt sie ihre Krallen an sämtlichen Holzgegenständen, spielt Mikado mit meinen Schreibtisch-Unterlagen, bis ihr auffällt, dass es auch noch mich gibt: Den unschuldigen Sklaven, eingewickelt in der Bettdecke. Wer dressiert hier eigentlich wen?
Mein einziger Hoffnungsschimmer bleibt die Uhrumstellung. Wenige Tage danach residiert sie wieder in meinem Schlafzimmer, räkelt sich und schon bin ich wieder auf den Füßen – noch ehe ihre Pfoten die Tür berühren. Unterwürfig öffne ich Ihrer Majestät die Haustür und wünsche viel Erfolg bei der nächtlichen Mäusejagd. Erst dann fällt mir auf, wie der Wecker neckisch zu mir rüber blinkt: 5 Uhr – trotz Sommerzeit! Besitzt sie denn gar keinen Biorhythmus, keine Gnade, kein Erbarmen? Ich beschließe die Uhren in Zukunft besser im Auge zu behalten. Diese Katzen sind gewitzt, wenn sie‘s drauf anlegen …
Philipp Neuweiler
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